Warum FamilienTraumaTrauerPädagogik - FTTPäd?

  • Eine lebensverkürzende Erkrankung hat Einfluss auf die ganze Familie, jedes Familienmitglied und alle Lebensbereiche,
  • ist eine Abfolge von Traumata,
  • ist begleitet von Exklusion und
  • bedeutet Trauer ab der Diagnose.

Eine lebensverkürzende Erkrankung trifft nicht alleine den/die Patient*in, sondern die ganze Familie, jedes Familienmitglied. Sie verändert das Familiensystem.
Krankheiten, die mit schweren Funktionsbeeinträchtigungen oder Lebensverkürzung einhergehen greifen die Identität, das Weltbild und die Selbstwirksamkeit an, bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen aber auch bei ihren Familien.

Diagnose, medizinische Eingriffe, lebensbedrohliche Krisen, das Sterben und der Tod sind mit Ohnmachtserfahrungen, mit Überwältigung verbunden und bedeuten eine Überforderung der psychischen Verarbeitungskapazität. Diese Erfahrungen des unkontrollierbaren Ausgeliefertseins werden als medizinische Traumata eingeordnet.

Familien sehen sich keinem einmaligen Trauma gegenüber, sondern erleben wiederholte Krisensituationen, die an Belastungspotential zunehmen Richtung Sterben und Tod. Sie erleben eine Abfolge von traumatischen Erfahrungen.

Die Lebenssituation lebensverkürzend erkrankter Kinder und Jugendlicher und ihrer Familien ist häufig geprägt von Ausgrenzung, fehlender Unterstützung, Unverständnis der sozialen Umwelt, systematischer Exklusion, mangelnder Kommunikationsmöglichkeiten und Isolation. Diese Faktoren erschweren die Bearbeitung der traumatischen Erfahrungen und stellen eine zusätzliche Belastung dar.

Der Verlust beginnt ab der Diagnose und geht mit Trauer einher:
Jede einzelne Körperfunktion, die verloren geht, bedeutet einen Schritt weiter in Richtung Tod. Es ist ein Leben des ganz langsamen anhaltenden Abschieds.

Das Erleben von Trauer bezieht sich nicht nur auf die Erkrankung und den bevorstehenden Tod, sondern auch auf viele andere Verlusterfahrungen, die diese Lebenssituation mit sich bringt: Verlust von Zukunft, von Alltagsnormalität, von sozialen Kontakten, von beruflichen Perspektiven, von Freiraum für eigene Bedürfnisse oder Unbeschwertheit. Eine lebensverkürzende Erkrankung kann auch als Verlusttrauma bezeichnet werden.

Familien erleben einen Verlust an Kontrolle, Sicherheit und Orientierung.
Traumata, Verluste, Abschiede und ein dazugehörendes Trauererleben sind Teil der Lebensrealität. Dabei ist Trauer als gesunder Bewältigungsmechanismus zu verstehen und beginnt ab der Diagnose.

Das Praxiskonzept der FamilienTraumaTrauerPädagogik - FTTPäd©

  • bezieht deshalb die ganze Familie mit ein:
    • systemischer Ansatz
    • Einbezug aller für die Familienmitglieder relevanter Themen
  • ist traumasensibel:
    • Traumasensible Haltung der psychosozialen Fachkräfte
    • Unterstützung bei der Traumabewältigung
    • Vermittlung von traumatherapeutischen Methoden zur Stabilisierung in Krisensituationen
  • stellt Teilhabe sicher und wirkt der Isolation entgegen:
    • konzipiert für Kinder und Jugendliche mit eingeschränkten Möglichkeiten zur Lautsprache
    • multimedialer, integrativer Ansatz
  • begleitet Trauerprozesse ab der Diagnose:
    • Raum für Trauererleben hinsichtlich von Abschieden und Verlusten zu Lebzeiten
    • Auseinandersetzung mit bevorstehendem Sterben und Tod
    • Trauerbegleitung der Angehörigen nach dem Tod des Kindes

Quellen

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Leben dazwischen - Familien mit unheilbar kranken und schwerstbehinderten Kindern in unserer Gesellschaft. Ein Aufruf zu handeln.
BoD, Norderstedt

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Handbuch der Kinder- und Jugendhospizarbeit. Grundlagen und Praxis - Ambulant, Stationär, Bildung
Im Auftrag des Deutschen Kinderhospizverein e.V.
Hospiz-Verlag, Stuttgart

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Systemische Traumatherapie. Konzepte und Methoden für die Praxis
3. Auflage, Carl-Auer, Heidelberg

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Posttraumatische Belastungsstörungen bei körperlichen Erkrankungen und medizinischen Eingriffen
In: Maercker, Andreas (Hrsg.) (2019), Traumafolgestörungen, 5. Auflage, Springer, Berlin

Maercker, Andreas (Hrsg.) (2019)
Traumafolgestörungen
5. Auflage, Springer, Berlin

Weigelt, Lilian (2018)
Das Verlusttrauma. Theoretische Verknüpfung von Trauer, Trauma und Salutogenese
Masterarbeit, Fakultät für Bildungswissenschaften, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck